Plötzlich Pflegefall - Was tun?

Es trifft einen meist unerwartet und völlig unvorbereitet: Ein Pflegefall in der eigenen Familie. Plötzlich tauchen Fragen auf, über die man sich vorher noch nie Gedanken gemacht hat und für die meisten von uns ist das Thema Pflege zunächst ein sehr unübersichtliches Feld.

Wir verraten Ihnen hier, wo und wie Sie die richtige Unterstützung für Ihre persönliche Situation erhalten und welche Schritte am Anfang wichtig sind.

Schritt 1: Zeit nehmen und das eigene Netzwerk nutzen

Ein plötzlicher Pflegefall ist ein Schock, den man persönlich erst einmal verarbeiten muss. Neben der emotionalen Belastung gibt es nun viel zu organisieren und wichtige Entscheidungen kommen auf Sie zu. Wir empfehlen Ihnen, von Anfang an Unterstützung bei anderen Familienmitgliedern oder engen Freunden zu suchen und wenn nötig auch einzufordern. Gemeinsam sind Sie stärker, als wenn Sie versuchen, alles allein zu bewältigen.

Die Pflegebedürftigkeit eines Elternteils, Ehepartners oder anderen nahen Angehörigen ist eine sehr persönliche Herausforderung, die auch gesellschaftliche Tabubereiche berührt. Davon erzählt man natürlich nicht jedem Bekannten oder Arbeitskollegen. Überlegen Sie, ob und wie Sie Ihr privates Netzwerk für Ihre eigene Entlastung und seelische Balance einbinden können. Oft merkt man dann, dass auch andere in einer ähnlichen Situation sind oder waren und Sie können Erfahrungen und Tipps miteinander austauschen.

Sind Sie berufstätig? Dann scheuen Sie sich nicht, die gesetzlichen Möglichkeiten für Arbeitnehmer in Anspruch zu nehmen:

Kurze Auszeit bis zu 10 Tagen

Unabhängig von der Größe des Unternehmens haben Angehörige die Möglichkeit, kurzfristig bis zu 10 Tage unbezahlt frei zunehmen, um eine akute Pflegesituation zu bewältigen

Für diese Zeit gibt es eine finanzielle Leistung- das Pflegeunterstützungsgeld: Es ist eine Lohnersatzleistung ähnlich wie das Kinder-Krankengeld, das Eltern erhalten, wenn Sie wegen ihrem kranken Kind nicht arbeiten gehen können

 

Pflegeunterstützungsgeld

Wo beantragen:
Bei der Pflegekasse oder privaten Pflegeversicherung des Pflegebedürftigen

Voraussetzung:
Es muss noch kein Pflegegrad vorliegen, jedoch eine ärztliche Bescheinigung der voraussichtlichen Pflegebedürftigkeit eingereicht werden

Höhe des Pflegeunterstützungsgeldes:
Berechnet sich nach den für die Berechnung des Kinderkrankengeldes geltenden Vorschriften

Freistellung und Familienpflegezeit

Als Arbeitnehmer eines Unternehmens mit mehr als 15 Beschäftigten können Sie sich bis zu 6 Monate unbezahlt ganz oder teilweise von der Arbeit freistellen lassen

Im Rahmen der Familienpflegezeit können Sie Ihre Arbeitszeit auch für einen Zeitraum von max. 24 Monaten auf 15 Stunden pro Woche reduzieren - Bitte beachten Sie, dass Sie nur in Unternehmen mit mehr als 25 Beschäftigten ein Rechtsanspruch auf die Familienpflegezeit besteht

Es besteht die Möglichkeit, für die Freistellung und Familienpflegezeit ein zinsloses Darlehen beim Bundesamt für Familie zu beantragen

Ausführliche Informationen dazu finden Sie auf der Website des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend.

Corona-Update

Vorerst bis zum 30.9.2020 haben pflegende Angehörige einen Anspruch auf 20 Tage Pflegeunterstützungsgeld!

Schritt 2: Professionelle Beratung nutzen

Arztgespräch

Wir empfehlen Ihnen als erstes ein ausführliches Gespräch mit dem behandelnden Arzt: Er kann Ihnen die Konsequenzen einer Diagnose am besten erklären und einschätzen, ob mit einer dauerhaften Einschränkung im Alltagsleben zu rechnen ist. Der Arzt wird Ihnen auch sagen, ob eine stationäre Reha-Maßnahme im Anschluss an den Krankenhaus-Aufenthalt, z.B. nach einem Schlaganfall, sinnvoll ist. Durch eine solche Reha-Maßnahme können Sie Zeit gewinnen, denn sie dauert meist mehrere Wochen, in der Sie die anschließende Pflege und Versorgung organisieren können. Bei der Organisation der Anschlussbehandlung in einer Reha-Klinik hilft Ihnen der Sozialdienst oder die Pflegeüberleitung des Krankenhauses.

Sozialdienst oder Pflegeüberleitung

Wenden Sie sich auch unbedingt an den Sozialdienst oder die Pflegeüberleitung des Krankenhauses oder der Reha-Klinik. Die dortigen Mitarbeiter unterstützen Sie dabei, für die erste Zeit nach der Entlassung die Pflege sicherzustellen. Der Sozialdienst verfügt über ein aktives Netzwerk und gute Kontakte zu verschiedenen Pflegeeinrichtungen sowie ambulanten Pflegediensten und kann Ihnen auch seriöse Vermittler für eine sogenannte 24h-Betreuung empfehlen.

Unabhängige Pflegeberatung

Wichtig zu wissen: In dem Moment, wo Pflegeleistungen beantragt werden, haben Angehörige von Pflegebedürftigen einen gesetzlichen Anspruch auf eine unabhängige und kostenfreie Beratung. Und damit ist ausführliche Einzelfall-Beratung gemeint, nicht das Aushändigen von Listen ambulanter Pflegedienste oder das Überreichen von Broschüren des Bundesgesundheitsministeriums.

Neben der Beratung durch die gesetzlichen und privaten Kranken- und Pflegekassen gibt es eine Vielzahl anderer Beratungsstellen in allen Regionen Deutschlands.

Die Beratungsstellen bei Ihnen vor Ort haben auch einen Überblick über regionale Hilfsangebote oder zeitlich begrenzte Modell-Projekte, die für Ihre individuelle Situation sinnvoll sein können.

Wie finden Sie eine Beratungsstelle in Ihrer Nähe?

Wir empfehlen Ihnen die Internetseite des Zentrums für Qualität in der Pflege, einer gemeinnützigen Stiftung mit dem Ziel, Wissen für alle bereit zu stellen und die Pflegequalität zu verbessern.

Auf dieser Seite können Sie Ihre Postleitzahl eingeben sowie nach verschiedenen Beratungsthemen wie Organisation der Pflege, Pflegestützpunkt, Finanzierung oder Wohnformen filtern. Sie erhalten dann die Kontaktdaten zu kompetenten Ansprechpartnern in Ihrer Nähe und können dort einen Termin vereinbaren.

Sie können sich auch sehr gerne an uns wenden - Linara arbeitet mit vielen Beratungsstellen bundesweit zusammen und wir helfen Ihnen gerne, die richtige Pflegeberatung zu finden.

 

 

Beratungsstellen helfen Ihnen bei ALLEN Fragen rund um die Pflege und Betreuung:

- finanzielle Unterstützung
- ambulante Pflegedienste
- ehrenamtliche Hilfen
- Pflegeheime, betreutes Wohnen und andere Wohnformen
- Hilfsmittel zur Erleichterung des Alltags und Wohnraumanpassung,
- Demenzbetreuung
- Hilfe beim Umgang mit anderen Behörden und der Beantragung von weiteren Hilfen
- Angebote zur Schulung und Entlastung von pflegenden Angehörigen sowie Kontakte zu Selbsthilfegruppen

Schritt 3: Antrag auf Pflegeleistungen stellen

Als nächstes sollten Sie bei der Pflegekasse Ihres Angehörigen einen Antrag auf Pflegeleistungen stellen.

Wie stelle ich den Antrag?

Dafür bieten die meisten Kassen inzwischen Formulare zum Download auf ihrer Internetseite an. Sie können aber auch einen formlosen, schriftlichen Antrag an die Pflegekasse senden. Wichtig ist in jedem Fall das Datum des Antrags, denn ab diesem Zeitpunkt können Pflegeleistungen auch rückwirkend gewährt werden.

Wir empfehlen den Antrag so früh wie möglich zu stellen, da die Bearbeitungsdauer vom Eingang über die Begutachtung der Pflegebedürftigkeit bis zur Entscheidung der Leistungsbewilligung in der Regel mehrere Wochen beträgt.  

Wer kann den Antrag stellen?

Der Antrag muss vom Pflegebedürftigen selbst gestellt bzw. unterschrieben werden. Ist die pflegebedürftige Person dazu nicht in der Lage, dann benötigen Angehörige eine Vollmacht der pflegebedürftigen Person. Die Mustervorlage für eine Vorsorgevollmacht zum Herunterladen und weitere Informationen dazu finden Sie auf der Website des Bundesjustizministeriums.

Wenn keine Vollmacht vorliegt oder aufgrund des Gesundheitszustandes nicht eingeholt werden kann, dann muss ein gesetzlicher Betreuer bestellt werden. Wenden Sie sich in diesem Fall am besten an den Sozialdienst des Krankenhauses oder an eine unabhängige Beratungsstelle.

Wer ist die Pflegeperson?

In den Antragsformularen der Pflegekassen muss meist eingetragen werden, wer die zukünftige Pflegeperson ist. Damit möchte die Pflegekasse wissen, wer die Verantwortung für die Pflege übernimmt. Die Pflegeperson muss die Pflege nicht selbst ausführen, sie kann Aufgaben auch delegieren, z.B. an einen ambulanten Pflegedienst oder an eine private Betreuerin bei der sogenannten 24 Stunden Betreuung.

Wenn Sie sich noch nicht sicher sind, ob Sie dauerhaft die Pflegeperson sein möchten, können Sie sich trotzdem erstmal eintragen. Später kann problemlos eine andere Person benannt werden, beispielsweise ein weiterer Angehöriger, ein Nachbar des Pflegebedürftigen oder ein gesetzlicher Betreuer.

Nach Eingang des Antrags bei der Pflegekasse wird sich der Medizinische Dienst der Krankenkassen (MDK) bei Ihnen melden, um einen Termin für eine Pflegebegutachtung zu vereinbaren. In dringenden Fällen kann der MDK auch schon im Krankenhaus oder in der Reha-Klinik eine erste Begutachtung vornehmen.

 

 

 

Ablehnung des Antrages auf Pflegeleistungen

Sollte der Antrag auf einen Pflegegrad bzw. auf Pflegeleistungen abgelehnt werden, gehen Sie unbedingt in Widerspruch! Manche Pflegekassen habe eine strenge Genehmigungspraxis und lehnen Erstanträge insbesondere bei nur leichten Einschränkungen der Selbstständigkeit zunächst ab. Für den schriftlichen Widerspruch gilt eine Frist von vier Wochen.

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